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Reil im Mittelalter

Versteht man unter Mittelalter den Zeitraum zwischen der Völkerwanderung und der Reformation, so lassen sich auch an der Geschichte Reils die großen Konfliktlinien und geistigen Strömungen dieser Jahrhunderte ablesen. Dazu gehören der für Deutschland typische Machtkampf zwischen zentraler Reichsgewalt und den Landesherren sowie die besondere Rolle von Kirche und Religion.

König contra Fürsten

Nach der Eroberung der Moselregion durch die Franken geriet das Gebiet um Reil in unmittelbaren Besitz des Königs. Das karolingische Königsgut, später Kröver Reich genannt, konnte fast tausend Jahre lang eine gewisse Unabhängigkeit und Sonderstellung an der Mosel bewahren. Diese Unabhängigkeit war jedoch stets gefährdet und umkämpft. Die Auseinandersetzungen um das Kröver Reich waren daher auch ein Gradmesser für die tatsächlichen Machtbereich des Königs. Die königlichen Besitztümer waren eine Manövriermasse des Reiches, mit dem es sich die Unterstützung von Landesherren sichern und sich aus finanziellen Notlagen befreien konnte.

Es ist daher kein Zufall, dass die erste schriftliche Erwähnung Reils noch in einer königlichen Urkunde erfolgte. Zu Beginn des 11. Jahrhunderts tauschte Heinrich II. mit dem Mainzer Erzbischof Willigis "unser ganzes Hofgut, das wir besitzen in dem Orte, der Rigala genannt" gegen einen anderen Hof ein. Trotz dieses schnöden Tausches schienen die Reiler mit dem späteren römischen Kaiser besonders verbunden. Heinrich II. ist vermutlich auf einer Reiler Monstranz dargestellt, die um das Jahr 1280 hergestellt wurde. Diese Darstellung könnte ein Ausdruck des Dankes dafür gewesen sein, dass der König dem Dorf die erste Marienkirche erbaute. Deren romanischer Turm soll noch bis ins 19. Jahrhundert auf Reilkirch gestanden haben.

Siegel des Pfalzgrafen Wilhelm von Ballenstädt In späteren Urkunden, die Reiler Besitztümer zum Gegenstand haben, ist ein Herrschaftswechsel bereits zu erkennen. Die Pfalzgrafen zu Aachen verstanden sich als Inhaber der königlichen Rechte und verteilten um 1140 großzügig Güter an neu gegründete Klöster, wie zum Beispiel an das Kloster Springiersbach am Kondelwald. Diese Schenkung des Pfalzgrafen Siegfried von Ballenstädt wurde auch bestätigt, als diese Adligenlinie schließlich ausstarb und das Lehen wieder an den König zurückfiel. Die Reichsunmittelbarkeit blieb bis zu dem Tag bestehen, an dem König Rudolf von Habsburg das Kröver Reich verpfändete. Am 25. November 1274 erhielt Graf Heinrich von Sponheim das Kröver Reich zunächst als Pfand für geleistete Dienste, bis er ein richtiges Lehen bekommen sollte. Da er das Lehen nie erhielt, blieben die Sponheimer auf dem Pfand sitzen. Diese damit erworbenen Rechte verteidigten die Grafen und deren Nachfolger jedoch über Jahrhunderte.

Trier gegen Sponheim

Ein zum Teil schwieriges Unterfangen, denn es gab einen anderes Fürstentum, das keine Mittel und Wege scheute, diesen kleinen Flecken in Besitz zu nehmen. Dies waren die Trierer Kurfürsten, in deren Territorium des Kröver Reiches wie ein störender Fremdkörper lag. Ein ums andere Mal versuchten die Trierer, das Pfand beim König gegen einen entsprechenen Betrag einzulösen und sich die Moseldörfer in ihr Gebiet einzuverleiben. Leider ohne Erfolg. Die Sponheimer gingen aber auch nicht zimperlich vor, um ihr kleines Moselreich zu verteidigen. So ließ die Gräfin Loretta von Sponheim-Starkenburg den Trierer Kurfürsten Balduin auf einer Moselfahrt entführen. Gegen das Versprechen, das Pfand nicht einzulösen, kam der Bischof wieder frei. Der Streit um die Pfandrechte wurde erst beigelegt, als die Sponheimer 1399 das Kröver Reich als echtes Lehen erhielten.

Doch damit war noch lange nicht entschieden, wer in den Dörfern das Sagen hatte. Denn den Trierern war es im 14. Jahrhundert gelungen, sich die dortigen Vogteirechte zu sichern. Dies bescherte ihnen zu einem bestimmte Einkünfte, zum anderen den Vorsitz bei den örtlichen Gerichtsverhandlungen. Den Bewohnern des Kröver Reiches garantierte dieser Streit jedoch eine gewisse Autonomie. Denn es war nie so recht klar, wer bei wichtigen Entscheidungen das letzte Wort hatte. Ein rechtliches Kuriosum. Die Erinnerung an die alte Reichsunmittelbarkeit blieb den Bewohnern offenbar erhalten. In dem Antiquarius der Neckar-, Main-, Mosel- und Lahnströme von 1781 heißt es über das Kröver Reich: "In dem dreyzehenden Jahrhundert, hat solches zu den Reichsgütern, mithin den römischen Königen und Kaisern allein zugehöret, daher es dann auch kommt, daß die darzu gehörigen Unterthanen noch vor freye Reichsbürger wollen gehalten seyn."

Kirche und Frömmigkeit


Anders als in den weltlichen Dingen hatten die Trierer in geistlichen Angelegenheiten mehr Erfolg, um ihren Einfluss in Reil geltend zu machen. In Reil hatte sich die zweite Pfarrei des Kröver Reiches entwickelt. Als deren Keimzelle gilt eine königliche Hofkapelle in Reilkirch. Deren Besitz muss zunächst an die Pfalzgrafen zu Aachen, von diesen wiederum an die Grafen von Sponheim übergegangen sein. Letztere übertrugen zumindest in einer Urkunde aus dem Jahre 1251 die Reiler Güter an das Trierer Domkapitel. Für die Trierer dürfte dies ein lohnendes Geschäft gewesen sein, denn die Reiler Kirche war bereits zu diesem Zeitpunkt sehr wohlhabend. Was daran lag, dass sich aus der königlichen Hofkapelle ein Marienwallfahrtsort entwickelt hatte. Dessen Blüte muss Historikern zufolge schon im 11. und 12. Jahrhundert gelegen haben. Ein Stiftungsbuch aus dem Jahre 1300 verzeichnet bereits 700 Stiftungen für die Pfarrei, darunter hunderte von Weinbergen und viele regelmäßige Zinsleistungen.

Die Bedeutung des Wallfahrtsortes machte es wohl erforderlich, bereits im 13. Jahrhundert einen Neubau der romanischen Kirche zu planen. Dieses Gotteshaus gilt laut Joachim Schiffhauer als der "älteste gotische Sakralbau mit quadratischem Langhaus und einem Mittelpfeiler im Raum von Mosel und Eifel". Auch als Marktflecken besaß Reilkirch ein regionale Bedeutung. Zwei Mal im Jahr kamen viele Pilger an die Mosel, um in Reil gleichzeitg ihre Käufe zu tätigen. Die Tradition der Märkte hat sich bis in die heutige Zeit erhalten. Nach der Reformation verlor die Wallfahrt nach Reilkirch - und damit die Märkte - jedoch rapide an Bedeutung, weil viele der früheren Pilger nun den protestantischen Glauben angenommen hatten.

Keine Chance für die Reformation

Denn ein großer Teil der Marienverehrer kam aus dem Hunsrück, dem Gebiet der Hinteren Grafschaft Sponheim. Dort hatte der Landesherr Herzog Friedrich von Simmern im Jahre 1557 die Reformation eingeführt. Da auch das Kröver Reich formell zur Grafschaft Sponheim gehörte, drängte der Herzog auch auf die Einführung der neuen Lehre in Reil. Da die Trierer Kurfürsten ebenfalls gewisse Rechte in den Moseldörfern ausübte, wollten sie die Reformierung der dortigen Pfarreien auf keinen Fall tolerieren. Außerdem wollte das Domkapitel natürlich nicht den großen Reiler Kirchenbesitz verlieren, der sich alleine auf 20.000 Weinstöcke belief. Das Recht stand allerdings auf Seiten der Bischöfe. Denn dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 zufolge mussten bei gemeinschaftlicher Herrschaftsausübung alle Seiten mit einer Änderung des Status quo einverstanden sein. Dennoch wurde der Kampf um die Glaubenszuhörigkeit im Kröver Reich mit aller Härte geführt. Der Trierer Bischof ließ evangelische Gottesdienste mit Waffengewalt verhindern und quartierte seine Soldaten in die Häuser der wenigen Reiler Protestanten ein. Mehrere Jahre zog sich die Auseinandersetzung hin, bis schließlich eine kaiserliche Verfügung aus dem Jahre 1567 es den Protestanten untersagte, im Kröver Reich eigene Gottesdienste zu verlangen. So kam es, dass mit Enkirch, Traben-Trarbach und Wolf nur wenige Orte an der Mosel den neuen Glauben angenommen haben.


Literatur

SCHIFFHAUER, Joachim: Reil. Die Geschichte eines Moseldorfes. Koblenz 1954.

SCHAAF, Erwin; MÖTSCH, Johannes: Beiträge zur Geschichte des Kröver Reiches. Bernkastel-Kues 1998.

 

Zum Anfang dieser Seite Zuletzt aktualisiert am 19.Februar 2006   © Friedhelm Greis